2013
Ein Plan für unsere Familie
Januar 2013


Ein Plan für unsere Familie

„Immer und ewig wolln wir vereint sein – der Herr verheißt uns das.“ (Liederbuch für Kinder, Seite 98)

Mama und Papa fehlten mir sehr. Sie waren nicht da, und ich saß auf ihrem Bett. Da klingelte das Telefon.

„Du, Levi, rate mal, was es Neues gibt!“, meldete sich Papa. „Seit heute Nachmittag hast du ein Schwesterchen: Nora!“

Ich konnte spüren, dass Papa glücklich war, doch seine Stimme klang auch irgendwie besorgt.

„Wie viel wiegt sie denn?“, fragte ich vorsichtig.

Papa schwieg einen Moment. „Knapp zwei Pfund“, sagte er. Jetzt klang er ganz offensichtlich besorgt. Nora hätte eigentlich so um Weihnachten auf die Welt kommen sollen, es war aber erst September. „Sie ist wirklich winzig“, fuhr Papa fort. „Vergiss nicht, für sie zu beten, Levi. Und bete auch für uns – dass wir darauf vertrauen, dass der Vater im Himmel weiß, was für unsere Familie am besten ist.“

Nach dem Telefonat ging ich in die Küche und nahm eine Packung Bohnen zur Hand, aus denen Mama eine Suppe hatte machen wollen. Ein Kilo – das war ungefähr so viel, wie Nora jetzt wog. Ich hielt die Packung in der Hand und versuchte mir vorzustellen, wie ein Baby mit diesem Gewicht wohl aussehen mochte.

„Ihr Geist kommt geradewegs vom Vater im Himmel“, dachte ich und überlegte, was ich schon über das vorirdische Dasein und den Erlösungsplan gehört hatte. Ich wusste, dass wir Nora – selbst wenn sie sterben müsste – wiedersehen würden, da wir als Familie aneinander gesiegelt waren. Ich hoffte aber, dass sie auch auf der Erde bei uns bleiben würde.

Im Laufe der folgenden Monate waren Mama und Papa oft im Krankenhaus. Oma und Opa kamen dann zu uns nach Hause, um auf mich und meine jüngeren Geschwister aufzupassen. Die Gemeinde fastete und betete für unsere Familie, und nette FHV-Schwestern versorgten uns manchmal mit Essen. Jeden interessierte, wie es Nora ging.

Eines Abends holten uns Mama und Papa alle ins Wohnzimmer. Sie teilten uns mit, Papa werde mit dem Bischof zu Nora fahren, um ihr einen Segen zu geben. Papa trug Anzug und Krawatte. Nachdem er gegangen war, setzte sich Mama mit uns auf das Sofa und sprach ein Gebet.

„Bitte segne Papa, wenn er Nora einen Priestertumssegen gibt“, betete Mama. Ihre Stimme wurde ganz leise. „Und wenn es dein Wille ist, lass sie bitte gesund nach Hause kommen.“

Ich spürte beim Beten, wie der Heilige Geist das Zimmer mit Frieden und Liebe erfüllte. Es war, als wolle mir der Vater im Himmel mitteilen, dass alles zu seinem Plan gehört – ganz gleich, wie es mit Nora weitergeht.

Am Abend kam Papa nach Hause und berichtete uns, dass im Krankenhaus etwas Wunderbares geschehen sei. In Noras Zimmer war es normalerweise immer sehr laut. Da gab es viele Apparate und Monitore mit piepsenden Alarmen und blinkenden Lichtern, und immer huschten Schwestern und Ärzte hin und her, um den winzigen Babys dort zu helfen. Aber als Papa und der Bischof ankamen, war alles ganz anders als sonst. Sämtliche Apparate waren stumm. Die Schwestern saßen bei den Babys, lasen etwas oder wachten über sie. Ohne jede Unterbrechung konnten Papa und der Bischof Nora den Segen geben.

Ich weiß nicht, ob Nora hier auf der Erde heranwächst oder ob sie bald wieder zum Vater im Himmel zurückkehrt. Aber ich weiß, dass der Vater im Himmel unsere Gebete hört und erhört, und ich fühle Frieden in mir, wenn ich daran denke, dass er einen Plan für jeden in meiner Familie hat.

Illustrationen von Ben Simonsen