2019
Wenn deine Mission vorzeitig enden musste, gib nicht auf
Juli 2019


Junge Erwachsene

Wenn deine Mission vorzeitig enden musste, gib nicht auf

Eine Liste mit Hilfsmitteln für angehende und vorzeitig zurückgekehrte Missionare findest du in der digitalen Version dieses Artikels auf liahona.lds.org oder in der App Archiv Kirchenliteratur.

Dein Wert wird nicht dadurch gemindert, dass du vorzeitig von deiner Mission zurückgekehrt bist.

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missionary returning home

Illustration von David Green

Wenn du diesen Artikel liest, weißt du wahrscheinlich bereits, wie unglaublich schwer es sein kann, wenn man vorzeitig von Mission heimgekehrt ist. Junge Erwachsene auf Mission können sich körperliche Verletzungen zuziehen oder psychische Probleme oder Erkrankungen durchmachen. Es kann zu politischen Ausnahmezuständen oder sonstigen Krisen, Problemen hinsichtlich der Würdigkeit, schweren Konflikten mit anderen oder sonstigen Missachtungen der Missionsregeln kommen. All dies kann dazu führen, dass jemand seine Mission früher als erwartet beenden muss.

Ungeachtet der Gründe möchte Gott, dass keines seiner Kinder durch diesen Rückschlag in geistiger Hinsicht Schaden nimmt. Wie also können vorzeitig zurückgekehrte Missionare nach einer so jähen Veränderung weitermachen? Und wie können Eltern, Führungsbeamte der Kirche und Angehörige helfen?

Ein Missionar im Buch Mormon

Eine Begebenheit aus dem Buch Alma kann uns hierzu Orientierungshilfe geben. Der nephitische Prophet Alma leitete eine Mission zu den schlechten Zoramiten und wurde dabei von einigen Menschen seines Vertrauens begleitet. Einer seiner Begleiter, sein Sohn Korianton, verließ „den geistlichen Dienst [und ging hinüber] in das Land Siron, innerhalb der Grenzen der Lamaniten, zur Dirne Isabel“ (Alma 39:3). Daraufhin wies Alma Korianton scharf zurecht und rief ihn zur Umkehr. Er sagte: „Ich würde nicht bei deinen Verbrechen verweilen und dir die Seele martern, wenn es nicht zu deinem Besten wäre.“ (Alma 39:7.)

Korianton nahm die Zurechtweisung seines Vaters demütig an, kehrte von seinen Sünden um, ging erneut als Missionar unter die Zoramiten und verkündete „das Wort mit Wahrheit und Ernsthaftigkeit“ (Alma 42:31). Nachdem Alma mit seinen Söhnen gesprochen hatte, heißt es weiter im Bericht: „Die Söhne Almas [gemeint sind Schiblon und Korianton] gingen hin unter das Volk, um ihm das Wort zu verkünden.“ (Alma 43:1.)

Mit neuem Potenzial zurückkehren

Was also lernen wir aus dieser Begebenheit? Erstens kann ein Missionar, der vorzeitig nach Hause geht, noch immer Großes vollbringen – sogar dann, wenn die Gründe für seine vorzeitige Heimkehr vermeidbar gewesen wären. Korianton mag schwerwiegende Fehler begangen haben, aber er machte dennoch weiter und vollbrachte ein großes Werk. Entsprechend sollten auch Missionare, die aus eigenem Verschulden vorzeitig zurückkehren, nicht meinen, sie hätten ihr geistiges Potenzial zunichtegemacht. Korianton lernte aus seinen Fehlern und konnte dann das Reich Gottes erheblich stärken. Und dieselbe Fähigkeit steckt in jedem – wie sehr man auch meint, versagt zu haben.

Zweitens erfahren wir, welch entscheidende Rolle andere für die geistige Genesung eines vorzeitig zurückgekehrten Missionars spielen. Alma – Koriantons Vater und Priestertumsführer – wies Korianton zwar scharf zurecht, aber vertraute auch auf dessen Fähigkeit, sein geistiges Potenzial noch auszuschöpfen. Wie bei Korianton lassen sich, wenn man auf Mission ungehorsam war, die Folgen daraus nicht vermeiden, aber jede Disziplinarmaßnahme muss von Liebe, Vergebung und Barmherzigkeit begleitet sein (siehe Lehre und Bündnisse 121:41-44).

Zurückkehren und genesen

Dieselbe Botschaft der Hoffnung für vorzeitig zurückgekehrte Missionare gilt auch heute noch. Marshall war wegen körperlicher und psychischer Gesundheitsprobleme vorzeitig heimgekehrt. Zeitweise bedauerte er seine mangelnde Gesundheit und die persönlichen Unzulänglichkeiten, die dazu führten, dass er seine Mission nicht zu Ende führen konnte. Dennoch findet er, seine Mission sei absolut lohnend gewesen.

„Als Missionar ist man nicht vollkommen“, sagt Marshall. „Man ist nach wie vor Versuchungen ausgesetzt, man kann nach wie vor sündigen. Aber unsere Unzulänglichkeiten sind wahrscheinlich das, worauf der Satan unseren Blick lenken möchte, damit wir meinen, unser Opfer würde vom Herrn nicht angenommen, weil wir ja nicht immer der beste Missionar waren.“

Für Marshall ist klar: Der Herr möchte, dass jeder Missionar weiß, dass er mit dessen Dienst zufrieden ist, selbst wenn er unvollkommen erbracht wurde – ob nun infolge eigener Entscheidungen oder äußerer Umstände.

Marshall hat gelernt, mit seiner Situation umzugehen und zu genesen, weil er nach besten Kräften dem Vater im Himmel und Jesus Christus nahegeblieben ist.

Zurückkehren und umkehren

Ein anderer Missionar, der in Colorado auf Mission war, wurde aus disziplinarischen Gründen nach Hause geschickt und dann aus der Kirche ausgeschlossen, durfte sich jedoch später erneut taufen lassen. „Es war schwer, nach Hause zu kommen“, erzählt er. „Ich habe mich verloren und innerlich leer gefühlt. Manchmal war das Schwierigste an meiner Rückkehr, die Motivation [aufzubringen], weiter zur Kirche zu gehen, in den heiligen Schriften zu lesen und zu beten. Die einfachen Dinge waren am schwierigsten.“

Doch er zog Kraft aus der Unterstützung durch Freunde und Familienmitglieder und aus seinen Bemühungen, umzukehren.

„Damit ich dem Vater im Himmel näherkommen konnte, war es entscheidend, mir Ziele zu setzen, mit meinem Bischof zu sprechen und in den Tempel zu gehen, als ich würdig war“, berichtet er weiter. „Ich erinnere mich an Zeiten, als ich einfach nicht mit dem Bischof sprechen oder manche Ziele nicht erreichen konnte. Der Widersacher war immer da und versuchte mich.“

Doch seine Genesung wurde dadurch möglich, dass er „immer daran dachte, dass ich einen Vater im Himmel habe, der mich liebt und der möchte, dass ich glücklich bin. Wenn wir ein Zeugnis vom Sühnopfer des Erretters und von der Umkehr haben, können wir Gott stets näherkommen, ganz gleich, wie weit entfernt wir meinen zu sein.

Wenn ich auf meine Mission zurückblicke“, erzählt er und meint damit die Monate vor den Ereignissen, die zu seiner vorzeitigen Rückkehr nach Hause führten, „finde ich immer noch, dass sie mit das Beste ist, was ich bisher erlebt habe. Ich habe viel gelernt, und obwohl es anders gelaufen ist, als ich es mir vorgestellt hatte, durfte ich dennoch erleben, wie sich Menschen durch das Evangelium verändert haben. Ich habe einige Fehler gemacht, aber mein Zeugnis ist sehr gewachsen, als ich mich bemüht habe, umzukehren und weiter vorwärtszugehen.“

Er möchte, dass andere, die infolge eigener Fehlentscheidungen vorzeitig heimgekehrt sind, wissen: „Das Leben geht trotzdem weiter. Nach Hause zu kommen ist einer der ersten Schritte zur Umkehr. Sobald man die Umkehr durchläuft, hat man wirklich viel gewonnen. Die schwere Last wird von einem genommen. Es gibt kein besseres Gefühl als zu wissen, dass man in den Augen Gottes einen guten Stand hat.“

Liebevoller Beistand durch andere

Diese beiden vorzeitig nach Hause zurückgekehrten Missionare betonen, wie wichtig es ist, dass jemand in derselben Situation wie ihrer liebevoll von Freunden und Angehörigen unterstützt wird.

„Gib dem Betreffenden Raum“, sagt Marshall. „Aber sorg dafür, dass du in der Nähe bist, weil die Situation etwas deprimierend sein kann. Sei ihm ein Freund.“ Wenn wir auf den Geist hören, können wir die Bedürfnisse des Betreffenden einschätzen und erkennen, wann wir auf ihn zugehen und wann wir seine Privatsphäre respektieren müssen.

„Geh einfach liebevoll mit ihm um“, meint der Missionar, der in Colorado auf Mission war. „Bestärke ihn darin, immer an das Sühnopfer Jesu Christi zu denken.“

Ob ein vorzeitig zurückgekehrter Missionar beschämt vom Glauben abfällt oder glaubensvoll vorangeht, kann mit davon abhängen, wie er behandelt wird. Es ist daher sehr wichtig, den Betreffenden vorurteilsfrei anzunehmen.

Wie Korianton haben vorzeitig zurückgekehrte Missionare das Potenzial, sich aus ihrem gegenwärtigen verwundbaren Zustand zu erheben und ein machtvolles Werkzeug in der Hand des Herrn zu werden.

Hoffnung durch den Plan Gottes

Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel spricht vorzeitig zurückgekehrten Missionaren Trost zu: „Wenn jemand Sie fragt, ob Sie eine Mission erfüllt haben, dann bejahen Sie das“, sagt er. „Halten Sie den Dienst, den Sie geleistet haben, in Ehren. Seien Sie dankbar für die Gelegenheit, Zeugnis gegeben zu haben, im Namen des Herrn unterwegs gewesen zu sein und das Namensschild eines Missionars getragen zu haben. … Bitte, bitte durchleben Sie das Unschöne nicht in Gedanken noch einmal, grübeln Sie nicht darüber nach, halten Sie sich nicht für unzureichend oder für einen Versager.“1

Falls du wegen einer Sünde vorzeitig nach Hause zurückgekehrt bist, denk an diese Worte von Schwester Joy D. Jones, der Präsidentin der Primarvereinigung: „Wenn wir sündigen, sind wir weniger würdig, aber wir sind niemals wertlos!“2 Sie bestätigt, dass Gott uns helfen wird, auch in unseren schwierigsten Stunden Vertrauen in uns selbst zu entwickeln, wenn wir uns an ihn wenden.

In Koriantons Geschichte im Buch Mormon steckt dieselbe Botschaft wie in den Worten vorzeitig zurückgekehrter Missionare und der Führer der Kirche aus unserer Zeit: Gib niemals die Hoffnung auf, denn Gott hat nach wie vor Größeres mit dir vor, als du dir vorstellen kannst. Für die Angehörigen eines betroffenen Missionars gilt: Sie können durch ihre Reaktion auf seine vorzeitige Rückkehr entscheidend dazu beitragen, dass er Heilung erfährt und sein Potenzial ausschöpfen kann. Denk daran, dass das Sühnopfer Jesu Christi alle Wunden heilen kann – einschließlich der Wunden desjenigen, der vorzeitig von einer Mission zurückkehrt.

Anmerkungen

  1. Jeffrey R. Holland, „Elder Hollandʼs Counsel for Early Returned Missionaries“ (Video), lds.org/media-library

  2. Joy D. Jones, „Von unermesslich großem Wert“, Liahona, November 2017, Seite 14