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Kapitel 18: Lehre und Bündnisse 46 bis 49


Kapitel 18

Lehre und Bündnisse 46 bis 49

Einführung und zeitlicher Überblick

Im Winter 1831 machen sich einige Mitglieder der Kirche in Kirtland in Ohio über das seltsame Verhalten einiger Neubekehrter Sorgen, die von sich behaupten, sie stünden unter dem Einfluss des Geistes. Der Prophet Joseph Smith befragt den Herrn zu diesem Verhalten und zur Gepflogenheit der Heiligen in Kirtland, Nichtmitglieder nicht zur Abendmahlsversammlung und anderen Versammlungen der Kirche zuzulassen. Als Antwort gibt der Herr am 8. März 1831 die Offenbarung, die jetzt in Lehre und Bündnisse 46 verzeichnet ist. In dieser Offenbarung legt der Herr dar, wie die Versammlungen der Kirche zu leiten sind und wie man es vermeidet, sich täuschen zu lassen – nämlich dadurch, dass man sich um die Gaben des Geistes bemüht.

Vor dem März 1831 ist Oliver Cowdery Joseph Smiths Schreiber und Berichtführer für die Kirche gewesen. Als er auf Mission berufen wird, kann er diese Aufgaben jedoch nicht mehr wahrnehmen. In Lehre und Bündnisse 47 beruft der Herr John Whitmer, Oliver Cowderys Nachfolge anzutreten und die Geschichte der Kirche festzuhalten und zu bewahren. Zur gleichen Zeit möchten die Heiligen in Ohio auch wissen, wie sie den Mitgliedern, die aus New York zu ihnen ziehen, helfen können. In der in Lehre und Bündnisse 48 aufgezeichneten Offenbarung teilt der Herr den Heiligen mit, wie sie den bekehrten Neuankömmlingen beistehen können.

Leman Copley, ein Neubekehrter, möchte, dass Missionare den Mitgliedern seiner ehemaligen Religionsgemeinschaft, den Shakern, das Evangelium predigen. Er hält jedoch noch immer an einigen unrichtigen Glaubensansichten der Shaker fest. Joseph Smith ist wegen Leman Copleys immer noch bestehenden Irrmeinungen beunruhigt und befragt am 7. Mai 1831 den Herrn. Er empfängt die Offenbarung, die nun in Lehre und Bündnisse 49 steht. In dieser Offenbarung stellt der Herr seine wahre Lehre klar und deckt mehrere Irrlehren der Shaker auf.

Frühjahr 1831Neubekehrte in Kirtland erleben manch falsche geistige Kundgebung.

8. März 1831Lehre und Bündnisse 46 wird empfangen.

8. März 1831Lehre und Bündnisse 47 wird empfangen.

10. März 1831Lehre und Bündnisse 48 wird empfangen.

März 1831John Whitmer wird zum Geschichtsschreiber und Berichtführer der Kirche ernannt.

Ende März 1831Parley P. Pratt kehrt von einer Mission im Indianerterritorium und in Missouri nach Kirtland zurück.

7. Mai 1831Lehre und Bündnisse 49 wird empfangen.

7. Mai 1831Sidney Rigdon, Parley P. Pratt und Leman Copley machen sich von Kirtland aus auf den Weg zu einer Shaker-Gemeinde.

Lehre und Bündnisse 46: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund

In der Anfangszeit der Kirche gestatteten die Heiligen in Kirtland Andersgläubigen nicht, ihre Gottesdienste zu besuchen. Dies widersprach der im Buch Mormon gegebenen Anweisung, in der es ausdrücklich heißt, dass die Nachfolger Christi niemandem verbieten dürfen, sich zusammen mit den Heiligen zu versammeln (siehe 3 Nephi 18:22). Außerdem erwähnte Oliver Cowdery diese Anweisung aus dem Buch Mormon auch, als er im Juni 1829 eine Aufstellung mit dem Titel „Satzungen der Kirche Christi“ zusammenstellte. (Diese wurde verfasst, um den Gläubigen bis zur offiziellen Gründung der Kirche eine Richtschnur an die Hand zu geben.) Er schrieb: „‚Und die Kirche soll sich oft versammeln, um zu beten [und] zu flehen, und soll niemanden aus ihren Stätten der Gottesverehrung ausstoßen, sondern sie vielmehr einladen, zu kommen.‘ [‚Articles of the Church of Christ‘, Juni 1829, Seite 372 hierin.]“ (The Joseph Smith Papers, Documents, Volume 1: July 1828–June 1831, Hg. Michael Hubbard MacKay et al., 2013, Seite 281.) Die Gepflogenheit, Andersgläubige aus den öffentlichen Versammlungen der Kirche auszuschließen, war also Anlass zur Sorge, und John Whitmer zufolge „beliebte es dem Herrn, sich zu dieser Angelegenheit zu äußern, damit sein Volk Verständnis erlange“ (The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 2: Assigned Histories, 1831–1847, Hg. Karen Lynn Davidson et al., 2012, Seite 34). Die Offenbarung, die hierauf folgte (Lehre und Bündnisse 46), verdeutlichte den Willen des Herrn. Er gebot den Heiligen, „niemals jemanden aus [ihren] öffentlichen Versammlungen … auszustoßen“ (LuB 46:3).

Neben der Gepflogenheit, unter sich bleiben zu wollen, legten einige der neuen Mitglieder bei der Gottesverehrung auch ein eher ungewöhnliches Verhalten an den Tag. John Whitmer hielt fest: „Einige bildeten sich ein, sie hätten das Schwert Labans [siehe 1 Nephi 4:8,9], und schwangen es so gekonnt wie ein [Soldat;] einige schlitterten oder rutschten … über den Boden mit der Schnelligkeit einer Schlange und sagten dazu, sie würden mit dem Boot zu den Lamaniten segeln und das Evangelium verkünden. Und viel weiteres Unnützes und Törichtes taten sie, was unschicklich und nicht der Erwähnung wert ist. Auf diese Weise verblendete der Teufel einige gute und ehrliche Jünger.“ (The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 2: Assigned Histories, 1831–1847, Seite 38.) In der in Lehre und Bündnisse 46 aufgezeichneten Offenbarung wies der Herr die Heiligen darauf hin, wie man zwischen dem Einfluss des Geistes und dem falscher Geister unterscheidet, und verdeutlichte den wahren Zweck und die wahre Beschaffenheit der Gaben des Geistes.

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Karte 5: Die Bundesstaaten New York, Pennsylvania und Ohio in den Vereinigten Staaten

Lehre und Bündnisse 46

Der Herr gibt den Heiligen Anweisungen in Bezug auf Versammlungen in der Kirche und die Gaben des Geistes

Lehre und Bündnisse 46:2. Leitet alle Versammlungen so, wie ihr vom Heiligen Geist angewiesen und geführt werdet

Zum Zeitpunkt der Gründung der Kirche gebot der Herr den Heiligen, sich oft zu versammeln (siehe LuB 20:55). Entsprechend diesem Gebot kamen die Heiligen häufig zur Abendmahlsversammlung und gelegentlich zu einer Konferenz zusammen. Sie kamen auch zu „Konfirmierungsversammlungen“ zusammen, bei denen Neugetaufte als Mitglied der Kirche konfirmiert wurden (siehe LuB 46:6). Diese Mitglieder aus der Anfangszeit der Kirche hatten gelesen, dass die Nachfolger Christi im Buch Mormon ihre Versammlungen „auf die Weise“ geleitet hatten, „wie der Geist auf sie einwirkte[;] denn wie die Macht des Heiligen Geistes sie leitete, sei es zu predigen oder zu ermahnen oder zu beten oder zu flehen oder zu singen, ja, so geschah es“ (Moroni 6:9). Der Herr hat diesen Grundsatz in unserer Zeit erneut betont und geboten, dass die Versammlungen so geleitet werden sollen, „wie [die Führungsbeamten] vom Heiligen Geist angewiesen und geführt werden“ (LuB 46:2; siehe auch LuB 20:45).

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Darstellung des Propheten Joseph Smith, wie er eine Versammlung leitet

Die Führungsbeamten der Kirche sind gehalten, „alle Versammlungen so [zu] leiten, wie sie vom Heiligen Geist angewiesen und geführt werden“ (LuB 46:2).

Lehre und Bündnisse 46:3-6. Stoßt niemals jemanden aus

In Lehre und Bündnisse 46:3-6 berichtigt der Herr die Gepflogenheit der Heiligen aus den Anfangstagen der Kirche, Andersgläubige von der Abendmahls- und der Konfirmierungsversammlung auszuschließen. Die Mitglieder der Kirche sollen dazu beitragen, dass sich alle willkommen fühlen, die den Wunsch haben, die öffentlichen Versammlungen der Kirche zu besuchen. Präsident Russell M. Nelson vom Kollegium der Zwölf Apostel hat erläutert: „Da wir alle Menschen einladen, zu Christus zu kommen, sind Freunde und Nachbarn immer willkommen, aber es wird von ihnen nicht erwartet, dass sie das Abendmahl nehmen. Es ist allerdings auch nicht verboten. Sie können sich selbst entscheiden. Wir hoffen, dass jemand, der neu ist, bei uns immer das Gefühl hat, willkommen zu sein, und dass er sich wohl fühlt. Kleine Kinder sind ohne Sünde und profitieren vom Sühnopfer des Herrn; sie können das Abendmahl ruhig nehmen, da sie sich ja auf die Bündnisse vorbereiten, die sie später eingehen werden.“ („Wie man Gott in der Abendmahlsversammlung verehrt“, Liahona, August 2004, Seite 14.)

Lehre und Bündnisse 46:7,8. Damit ihr nicht getäuscht werdet, sollt ihr ernstlich nach den besten Gaben trachten

Einige Mitglieder in Kirtland legten ein wunderliches Verhalten an den Tag, wenn sie die Versammlungen in der Kirche besuchten. Sie beteuerten, dass ihnen ihr Tun vom Heiligen Geist eingegeben worden sei. Manche Mitglieder glaubten ihnen das auch, andere wiederum hatten das Gefühl, dass ein solches Verhalten nicht von Gott sei. Einen Tag bevor die in Lehre und Bündnisse 46 aufgezeichnete Offenbarung gegeben wurde, hatte der Prophet Joseph Smith die in Lehre und Bündnisse 45 aufgezeichnete Offenbarung empfangen. In dieser Offenbarung erinnert der Herr die Mitglieder der Kirche daran, dass sie Täuschungen aus dem Weg gehen können, wenn sie „sich den Heiligen Geist als ihren Führer genommen haben“ (LuB 45:57). Der Widersacher trachtet danach, die Heiligen zu täuschen, auf dass er „das Werk Gottes … zerstören“ und „die Menschenseelen … vernichten“ könne (LuB 10:23,27). Zu seinen Methoden gehört es, „böse Geister oder Lehren von Teufeln oder die Gebote von Menschen“ (LuB 46:7) einzusetzen. Aber der Herr verheißt uns, dass wir nicht getäuscht werden, wenn wir „mit aller Herzensheiligkeit“ handeln, „untadelig vor [ihm] wandelnd“, und „ernstlich nach den besten Gaben trachten“ (LuB 46:7,8). Mit den „besten Gaben“ sind die geistigen Gaben gemeint, die denen zur Verfügung stehen, die die Gabe des Heiligen Geistes empfangen haben.

Lehre und Bündnisse 46:9-11. Geistige Gaben werden zum Nutzen derer gegeben, die Gott lieben und sich bemühen, seine Gebote zu halten

Gott drängt seinen Kindern seine geistigen Gaben nicht auf. Er bittet sie vielmehr, „ernstlich“ nach ihnen zu „trachten“ (LuB 46:8). Der Herr erklärt, dass diese Gaben zum Nutzen derer da sind, die ihn lieben und bestrebt sind, seine Gebote zu halten (siehe LuB 46:9). Er verleiht den Menschen geistige Gaben, um den Einzelnen und die Kirche als Ganzes zu segnen (siehe LuB 46:12), und nicht, um denen, die nach Zeichen suchen, zu beweisen, dass das Evangelium wahr ist.

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Eine junge Frau wird konfirmiert

Die Gaben des Geistes werden denen gegeben, die die Gabe des Heiligen Geistes empfangen haben (siehe LuB 46:9-11).

Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, wer geistige Gaben empfangen kann:

„Der Geist Christi ist allen Menschen gegeben, damit sie Gut und Böse voneinander unterscheiden können, und Kundgebungen des Heiligen Geistes werden zu dem Zweck gegeben, um ernsthaft Suchende zu Umkehr und Taufe zu führen. Dies sind vorbereitende Gaben. Was wir als geistige Gaben bezeichnen, kommt als Nächstes.

Geistige Gaben werden denen zuteil, die die Gabe des Heiligen Geistes empfangen haben. Wie es auch der Prophet Joseph Smith gesagt hat, ‚erhält man‘ die Gaben des Geistes ‚durch dieses Medium‘ [den Heiligen Geist] und ‚kann in deren Genuss nicht ohne die Gabe des Heiligen Geistes kommen‘. … (Teachings of the Prophet Joseph Smith, Hg. Joseph Fielding Smith, Deseret Book Co., Salt Lake City 1938, Seite 243, 245; siehe auch Elder Marion G. Romney, Frühjahrs-Generalkonferenz 1956, Seite 72.)“ („Spiritual Gifts“, Ensign, September 1986, Seite 68.)

Alle glaubenstreuen Mitglieder der Kirche haben mindestens eine geistige Gabe. Zwar „ist [allen] nicht jede Gabe gegeben“ (LuB 46:11), doch insgesamt sind alle geistigen Gaben unter den Mitgliedern der Kirche vorhanden, „damit allen dadurch genutzt sei“ (LuB 46:12). Elder Robert D. Hales vom Kollegium der Zwölf Apostel hat dargelegt, wie wir nach den Gaben des Geistes trachten sollen:

„Eine Voraussetzung dafür, wie man nach diesen Gaben strebt, besteht darin, dass wir herausfinden, welche Gaben wir empfangen haben. …

Damit wir herausfinden, welche Gaben wir empfangen haben, müssen wir beten und fasten. Oftmals steht im Patriarchalischen Segen, welche Gaben uns zuteilwurden und welche Gaben uns verheißen sind, sofern wir uns um sie bemühen. Ich bitte jeden von Ihnen dringend, seine Gaben zu entdecken und nach den Gaben zu trachten, die eine Richtung in Ihr Lebenswerk bringen und das Werk des Himmels voranbringen.“ („Gifts of the Spirit“, Ensign, Februar 2002, Seite 16.)

Der Vater im Himmel hilft uns dadurch, dass er uns Gaben des Geistes verleiht, auch dabei, mehr wie er zu werden. Präsident George Q. Cannon (1827–1901) von der Ersten Präsidentschaft hat erklärt: „Falls wir unvollkommen sind, ist es unsere Pflicht, um die Gabe zu beten, die uns vervollkommnet. Bin ich unvollkommen? Absolut! Was ist meine Pflicht? Gott im Gebet um die Gaben zu bitten, die diese Unvollkommenheiten ausgleichen. Wenn ich schnell in Zorn gerate, ist es meine Pflicht, um Nächstenliebe zu beten, die langmütig und freundlich ist. Und wenn ich oft neidisch bin? Dann ist es meine Pflicht, nach Nächstenliebe zu streben, die nicht neidet. So ist es mit allen Gaben des Evangeliums, denn zu diesem Zweck sind sie da. Niemand darf behaupten, er könne etwas Bestimmtes nicht überwinden, da es in seiner Natur liege. Damit kann er sich nicht rechtfertigen! Gott hat ja verheißen, dass er uns die Kraft gibt, derlei zu beheben, und dass er uns Gaben gibt, die unsere Fehler ausmerzen. Wenn es jemandem an Weisheit mangelt, ist es seine Pflicht, von Gott Weisheit zu erbitten. Genauso verhält es sich mit allem anderen. Das ist das Muster, das Gott für seine Kirche hat. Er möchte, dass seine Heiligen in der Wahrheit vervollkommnet werden. Zu diesem Zweck gibt er geistige Gaben. Er verleiht sie denjenigen, die sich darum bemühen, damit sie ungeachtet ihrer vielen Schwächen ein vollkommenes Volk auf dem Antlitz der Erde sein können. Gott hat den Heiligen verheißen, ihnen die Gaben zu geben, die sie zu ihrer Vervollkommnung brauchen.“ („Discourse by President George Q. Cannon“, Millennial Star, 23. April 1894, Seite 260f.)

Lehre und Bündnisse 46:13-27. Geistige Gaben

In Lehre und Bündnisse 46:13-27 werden etliche der bedeutendsten geistigen Gaben aufgeführt. Die Aufzählung ähnelt der in 1 Korinther 12:8-11 und in Moroni 10:8-17. Die Heiligen aus der Anfangszeit der Kirche benötigten ein richtiges Verständnis von den geistigen Gaben, um die unechten geistigen Kundgebungen zu entlarven, die manch Neubekehrter in Kirtland durch sein wunderliches Verhalten an den Tag legte. Der Herr legte dar, dass sich die Mitglieder dann nicht täuschen lassen, wenn sie an diese Gaben denken und sich um sie bemühen (siehe LuB 46:7,8). Er gebot den Heiligen, „immer in eurem Sinn [zu behalten], was jene Gaben sind“ (LuB 46:10). Jahre später bekräftigte der Prophet Joseph Smith, wie wichtig geistige Gaben in der Kirche sind: Als er den siebten Glaubensartikel formulierte, hielt er einige darin fest.

Gaben des Geistes tun sich in unserem Leben auf die unterschiedlichste Weise kund. Zwar werden in Lehre und Bündnisse 46:13-27 an die 14 geistige Gaben aufgeführt, doch Elder Bruce R. McConkie (1915–1985) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat erläutert: „Dies sind keinesfalls alle Gaben. Im wahrsten Sinn des Wortes gibt es eine unbegrenzte Anzahl davon und Erscheinungsformen ohne Ende.“ (Mormon Doctrine, 2. Auflage, 1966, Seite 315.)

Elder Marvin J. Ashton (1915–1994) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat weitere geistige Gaben genannt:

„Ich möchte einige Gaben aufzählen, die nicht immer offenkundig oder bemerkenswert, aber dennoch äußerst wichtig sind. Vielleicht zählen auch Ihre Gaben dazu – Gaben, die nicht so augenscheinlich sind, aber dennoch wahrhaft wertvoll.

Wir wollen uns einige dieser weniger auffälligen Gaben ansehen: die Gabe zu fragen; die Gabe zuzuhören; die Gabe, auf die sanfte, leise Stimme zu hören und mit sanfter, leiser Stimme zu sprechen; die Gabe, weinen zu können; die Gabe, Streit zu vermeiden; die Gabe, liebenswürdig zu sein; die Gabe, unnütze Wiederholungen zu vermeiden; die Gabe, nach dem zu streben, was rechtschaffen ist; die Gabe, nicht zu urteilen; die Gabe, sich an Gott zu wenden, um Führung zu erlangen; die Gabe, ein Jünger zu sein; die Gabe, sich um andere zu kümmern; die Gabe, nachsinnen zu können; die Gabe zu beten; die Gabe, machtvoll Zeugnis zu geben; die Gabe, den Heiligen Geist zu empfangen.“ („There Are Many Gifts“, Ensign, November 1987, Seite 20.)

Lehre und Bündnisse 46:13,14. Einigen ist es durch den Heiligen Geist gegeben zu wissen; anderen ist es gegeben, dass sie ihren Worten glauben

Der Herr sagte den Heiligen in Kirtland, dass einige damit gesegnet sind, durch die Macht des Heiligen Geistes zu wissen, dass Jesus der Messias ist (siehe LuB 46:13). Andere sind damit gesegnet, ihren Worten zu glauben (siehe LuB 46:14), bis sie dies selbst wissen. Der Glaube, nicht der Zweifel, ist immer der erste Schritt hin zu einem Zeugnis und zur Überzeugung. Der Glaube an das Zeugnis anderer ist eine Gabe des Geistes.

Lehre und Bündnisse 46:23,27. Die Gabe des Erkennens

Durch die Gabe des Heiligen Geistes können wir Anspruch auf Führung und geistige Einsicht haben, um etwas unterscheiden oder deutlich erkennen zu können. Präsident George Q. Cannon hat erklärt, warum es für die Mitglieder der Kirche wichtig ist, sich um die Gabe des Erkennens zu bemühen: „Die Gabe des Erkennens der Geister befähigt die Männer und Frauen, die sie haben, nicht nur, den Geist zu erkennen, von dem ein anderer besessen ist oder beeinflusst wird, sondern die Gabe befähigt sie auch, den Geist zu erkennen, der auf sie selbst einwirkt. Sie sind imstande, einen falschen Geist zu entlarven, und wissen auch, wann der Geist Gottes in ihnen wirkt. Im Privatleben ist diese Gabe für die Heiligen der Letzten Tage von großer Bedeutung. Wenn sie diese Gabe besitzen und anwenden, lassen sie nicht zu, dass ein böser Einfluss in ihr Herz gelangt oder ihre Gedanken, Worte oder Taten bestimmt. Sie weisen ihn zurück und, falls solch ein Geist doch einmal Besitz von ihnen ergreifen sollte, vertreiben sie ihn, sobald sie die Auswirkungen sehen, oder, mit anderen Worten, sie weigern sich, sich von ihm führen oder inspirieren zu lassen.“ (Gospel Truth: Discourses and Writings of George Q. Cannon, Hg. Jerreld L. Newquist, 1987, Seite 157.)

Den Führern der Kirche gibt der Herr die Gabe, „alle diese Gaben zu unterscheiden, damit nicht jemand unter euch etwas vorgebe und doch nicht von Gott sei“ (LuB 46:27). Diese besondere Gabe ermöglicht es denen, die in der Kirche präsidieren, zwischen falschen Geistern und echten Kundgebungen des Heiligen Geistes zu unterscheiden.

Lehre und Bündnisse 46:24. Die Gabe der Zungenrede

Die Gabe der Zungenrede tut sich in unterschiedlicher Weise kund:

  • Es hat im Laufe der Geschichte der Kirche mitunter Anlässe gegeben, da jemand vom Geist dazu bewegt wurde, die Sprache Gottes zu sprechen – die Sprache Adams, die in neuzeitlicher Offenbarung als „rein und unverdorben“ bezeichnet wird (siehe Mose 6:5,6,46). Bei den Ereignissen in Zusammenhang mit der Weihung des Kirtland-Tempels redeten viele der Heiligen in Zungen und legten solches Reden aus.

  • Als am Pfingsttag die Gabe des Heiligen Geistes auf ungewöhnlich machtvolle Weise ausgegossen wurde, wurde Männern und Frauen vom Geist die Fähigkeit gegeben, eine Fremdsprache (von den damals gesprochenen Sprachen) zu sprechen und diese zu verstehen (siehe Apostelgeschichte 2:1-6). Den Dienern des Herrn in aller Welt werden regelmäßig besondere Fähigkeiten beim Spracherwerb gewährt. Sie lernen eine Sprache fließend sprechen und können den Menschen jeder Nation, jedes Geschlechts, jeder Sprache und jedes Volks die Botschaft von der Errettung überbringen.

  • Wenn Menschen durch die Macht des Heiligen Geistes reden, dann reden sie in Zungen, ebenso wenn sie „mit der Zunge von Engeln reden“ oder, mit anderen Worten, „die Worte von Christus [reden]“ (2 Nephi31:13; 32:2,3).

Elder Robert D. Hales hat einige warnende Worte in Bezug auf die Gabe der Zungenrede zusammengefasst:

„Uns wurde von den Propheten in dieser Evangeliumszeit gesagt, dass Offenbarung zur Führung der Kirche nicht durch die Gabe der Zungenrede gegeben wird. Das hat den Grund, dass es für Luzifer ganz leicht ist, die Gabe der Zungenrede zu verfälschen und nachzuahmen und die Mitglieder dadurch in die Irre zu führen.

Der Satan ist imstande, uns bei einigen Gaben des Geistes zu täuschen. Mit am täuschendsten nachahmen kann er die Gabe der Zungenrede. Joseph Smith und Brigham Young … haben erklärt, dass man bei der Gabe der Zungenrede vorsichtig sein müsse.

‚Sie können zum eigenen Trost in Zungen reden, aber ich lege dies als Regel fest: Wenn etwas durch die Gabe der Zungenrede gesagt wird, darf es nicht als Lehre betrachtet werden.‘ (Teachings of the Prophet Joseph Smith, Hg. Joseph Fielding Smith, 1976, Seite 229.)

‚Gebraucht nicht die Gabe der Zungenrede, wenn ihr sie nicht versteht – oder ohne Übersetzung. Der Teufel kann in Zungen reden.‘ (Teachings, Seite 162.)

‚Die Gabe der Zungenrede ist nicht … ermächtigt, der Kirche Weisung zu erteilen. Die Gaben, die der Herr den Mitgliedern seiner Kirche gibt, werden allesamt nicht zu dem Zweck gegeben, die Kirche zu beherrschen; sie unterliegen vielmehr der Leitung und Führung des Priestertums und werden vom Priestertum bewertet und eingeschätzt.‘ (Discourses of Brigham Young, Hg. John A. Widtsoe, 1941, Seite 343.)“ („Gifts of the Spirit“, Seite 14f.)

Lehre und Bündnisse 47: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund

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John Whitmer

John Whitmer wurde als Geschichtsschreiber und Berichtführer der Kirche berufen (siehe LuB 47).

John Whitmer, einer der acht Zeugen des Buches Mormon, unterstützt den Propheten Joseph Smith als Schreiber – zuerst bei der Übersetzung des Buches Mormon und später bei der inspirierten Übersetzung der Bibel. Er übernimmt noch weitere Aufgaben, nachdem Oliver Cowdery im Oktober 1830 zu einer Mission bei den Lamaniten aufbricht. Bruder Whitmer ist dabei behilflich, über die Konferenzen der Kirche Aufzeichnungen zu führen. Er stellt weiterhin die Offenbarungen zusammen, die Joseph Smith empfangen hat, und überträgt sie handschriftlich in ein Berichtsbuch, dem späteren „Buch der Gebote und Offenbarungen“. Im März des Jahres 1831 beruft der Prophet Joseph Smith John Whitmer dazu, die Geschichte der Kirche aufzuschreiben. John Whitmer erzählt später: „Ich wollte es am liebsten nicht tun, doch ich sah zu, dass der Wille des Herrn getan werde. Und wenn es sein Wunsch ist, ist es mein Wunsch, dass er dies durch Joseph, den Seher, kundtue.“ (The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 2: Assigned Histories, 1831–1847, Seite 36.) In der Offenbarung hierauf bekräftigt der Prophet John Whitmers Berufung, „eine ordnungsgemäße Geschichte“ der Kirche zu schreiben und zu führen (LuB 47:1). John Whitmer nimmt den Willen des Herrn an und fertigt im Lauf der Zeit „eine 96-seitige Erzählung der geschichtlichen Ereignisse an, die vor allem von den Ereignissen von Herbst 1830 bis Mitte der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts handelt“ (The Joseph Smith Papers, Documents, Volume 1: July 1828–June 1831, Seite 285).

Lehre und Bündnisse 47

Der Herr beruft John Whitmer, einen Geschichtsbericht der Kirche zu führen und für den Propheten zu schreiben

Lehre und Bündnisse 47:1. Schreibe und führe eine ordnungsgemäße Geschichte

Der Herr gebietet der Kirche, genaue Berichte zu führen (siehe LuB 21:1; 47:1-3; 72:5,6; 123:1-6; 127:6-9; 128:4-9). Für die Kirche hat das Führen und Bewahren von Berichten heutzutage einen hohen Stellenwert. Im Jahr 2009 weihte die Kirche ein neues Historisches Archiv zu dem Zweck, Manuskripte, Bücher, kirchliche Unterlagen, Fotos, mündliche Geschichtsberichte, Patriarchalische Segen, Bauzeichnungen, Prospekte, Zeitungen, Zeitschriften, Karten, Mikrofilme und audiovisuelles Material zu bewahren. Elder Marlin K. Jensen von den Siebzigern hat erklärt, warum man sich weiterhin darum bemüht, die Geschichte der Kirche zu bewahren:

„Die Geschichte der Kirche soll vor allem dazu beitragen, dass die Mitglieder ihren Glauben an Jesus Christus festigen und ihre heiligen Bündnisse einhalten. Damit dieser Zweck erfüllt wird, lassen wir uns hauptsächlich von drei Überlegungen leiten:

Erstens bemühen wir uns, die grundlegenden Wahrheiten der Wiederherstellung zu bezeugen und zu verteidigen.

Zweitens wollen wir dazu beitragen, dass die Mitglieder der Kirche sich immer wieder an all das Großartige erinnern, was Gott für seine Kinder getan hat.

Drittens wird uns in den heiligen Schriften geboten, dass wir mithelfen sollen, die offenbarte Ordnung des Reiches Gottes zu bewahren. Dazu gehören die Offenbarungen, Dokumente, Vorgehensweisen, Vorgänge und Strukturen, die für Ordnung und Kontinuität bei der Ausübung von Priestertumsschlüsseln sorgen, ebenso dafür, dass die Priestertumskollegien richtig funktionieren, heilige Handlungen richtig durchgeführt werden und so weiter – all das, was für die Errettung wesentlich ist.“ („There Shall Be a Record Kept among You“, Ensign, Dezember 2007, Seite 28f.)

Lehre und Bündnisse 48: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund

Edward Partridge ist durch Offenbarung zum ersten Bischof der Kirche berufen worden und er hat die Aufgabe erhalten, „den Armen und den Bedürftigen“ Hilfe zuteilwerden zu lassen (LuB 42:34; siehe auch LuB 41:9). Bischof Partridge erwartet die Ankunft der Heiligen, die von New York nach Ohio übersiedeln, und will „unbedingt etwas [darüber] erfahren“, wie man sich darauf vorbereiten soll, sich dieser Mitglieder anzunehmen (John Whitmer, zitiert in: The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 2: Assigned Histories, 1831–1847, Seite 35). Man stellt sich damals auch die Frage, wo die Stadt Zion errichtet werden soll. Neue Mitglieder der Kirche fragen sich, ob sie sich darauf einrichten sollen, dauerhaft in Ohio zu bleiben, oder ob sie sich darauf vorbereiten sollen, erneut umzuziehen – dahin, wo auch immer Zion liegen möge. Aus diesen Gründen bemüht sich der Prophet Joseph Smith um Weisung vom Herrn und empfängt infolgedessen die in Lehre und Bündnisse 48 aufgezeichnete Offenbarung.

Lehre und Bündnisse 48

Der Herr sagt den Heiligen, wie sie den Mitgliedern beistehen sollen, die von New York nach Ohio übersiedeln

Lehre und Bündnisse 48:1-3. Mit anderen teilen

Der Herr sagt den Heiligen in Kirtland, dass sie ihre Mittel einsetzen sollen, um den Neubekehrten zu helfen, die in Ohio ankommen. Diese Anweisung gibt den Mitgliedern der Kirche die Gelegenheit, die Grundsätze der Weihung, die in vorangegangenen Offenbarungen umrissen wurden (siehe LuB 38:24,25,35; 41:5; 42:30), in die Tat umzusetzen. Präsident Thomas S. Monson hat von einem Erlebnis erzählt, das veranschaulicht, wie wir den Bedürftigen heute helfen können:

„An einem kalten Winterabend des Jahres 1951 klopfte es an meine Tür. Ein deutscher Bruder aus Ogden stand da. Er stellte sich vor und fragte: ‚Sind Sie Bischof Monson?‘ Ich bejahte. Er begann zu weinen und sagte: ‚Mein Bruder kommt mit Frau und Kindern aus Deutschland hierher. Er wird in Ihrer Gemeinde wohnen. Wollen Sie mitkommen und die Wohnung ansehen, die wir für sie gemietet haben?‘

Auf dem Weg zur Wohnung erzählte er mir, er habe seinen Bruder schon viele Jahre nicht mehr gesehen. Auch während des entsetzlichen Leids und Unheils im Zweiten Weltkrieg sei sein Bruder der Kirche treu geblieben. Er sei einst Zweigpräsident gewesen, bevor ihn der Krieg dann an die Front in Russland geführt habe.

Ich sah mir die Wohnung an. Sie war kalt und trist. Die Farbe blätterte ab, die Tapeten waren schmutzig, die Schränke leer. Eine Vierzig-Watt-Birne, die von der Wohnzimmerdecke herabhing, beleuchtete einen Linoleumfußboden mit einem großen Loch in der Mitte. Ich war erschüttert und dachte: ‚Was für eine düstere Begrüßung für eine Familie, die so viel durchgemacht hat.‘ …

Am nächsten Morgen war Sonntag. In der Sitzung unseres Gemeinde-Wohlfahrtskomitees sagte einer meiner Ratgeber: ‚Bischof, Sie sehen besorgt aus. Ist etwas nicht in Ordnung?‘

Ich erzählte den Anwesenden, was ich am Abend zuvor erlebt hatte, und schilderte auch, wie die wenig einladende Wohnung aussah. Ein paar Augenblicke war es still. Dann sagte Bruder Eardley, der Gruppenleiter der Hohepriester: ‚Bischof, sagten Sie, die Wohnung habe nur unzureichendes Licht und dass die Küchenausstattung ausgetauscht werden müsse?‘ Ich bejahte. Er fuhr fort: ‚Ich bin Inhaber eines Elektrikerbetriebs. Wollen Sie den Hohen Priestern dieser Gemeinde gestatten, die Kabel in der Wohnung neu zu verlegen? Ich möchte auch meine Lieferanten bitten, einen neuen Herd und einen neuen Kühlschrank beizusteuern. Habe ich Ihre Erlaubnis?‘ …

Dann sagte Bruder Balmforth, der Präsident der Siebziger: ‚Bischof, wie Sie wissen, bin ich in der Teppichbranche tätig. Ich würde meine Lieferanten gerne bitten, etwas Teppich beizusteuern, und die Siebziger können ihn ohne Weiteres verlegen und das abgenutzte Linoleum entfernen.‘

Dann meldete sich Bruder Bowden, der Präsident des Ältestenkollegiums. Er war Inhaber eines Malereibetriebs. Er sagte: ‚Ich werde die Farbe stellen. Dürfen die Ältesten die Wohnung streichen und tapezieren?‘

Schwester Miller, die FHV-Leiterin, sprach als Nächste: ‚Wir in der FHV können den Gedanken an leere Schränke nicht ertragen. Dürfen wir sie füllen?‘

Die drei darauf folgenden Wochen werde ich nie vergessen. Es schien, als sei die ganze Gemeinde an dem Projekt beteiligt. Die Tage vergingen und zur ausgemachten Zeit traf die Familie aus Deutschland ein. Erneut stand der Bruder aus Ogden vor meiner Tür. Mit bewegter Stimme stellte er mir seinen Bruder und dessen Frau und Kinder vor. Dann fragte er: ‚Könnten wir uns die Wohnung ansehen?‘ Als wir die Treppe hinaufgingen, die zur Wohnung führte, wiederholte er: ‚Es ist nicht viel, aber es ist mehr, als sie in Deutschland hatten.‘ Er hatte ja keine Ahnung, welch Verwandlung stattgefunden hatte und dass drinnen viele, die sich daran beteiligt hatten, auf unsere Ankunft warteten.

Die Tür ging auf und offenbarte ein völlig neues Innenleben. Uns begrüßte der Duft frisch lackierten Holzes und neu tapezierter Wände. Die Vierzig-Watt-Birne war verschwunden, auch das abgewetzte Linoleum, das sie beleuchtet hatte. Wir gingen über dicken, wunderschönen Teppichboden. In der Küche sahen wir einen neuen Herd und einen neuen Kühlschrank. Die Küchenschränke standen noch offen; jetzt aber war jedes Fach mit Lebensmitteln gefüllt. Wie immer hatte die FHV ganze Arbeit geleistet. …

Der Vater, dem langsam klar wurde, dass das alles ihm gehörte, nahm meine Hand und dankte mir. Er war überwältigt. …

Es war Zeit zu gehen. Als wir die Treppe hinabgingen und in die Abendluft hinaustraten, sahen wir, dass es schneite. Niemand sprach ein Wort. Schließlich fragte ein Mädchen: ‚Bischof, so gut wie jetzt habe ich mich noch nie gefühlt. Können Sie mir sagen, warum?‘

Ich antwortete mit den Worten des Meisters: ‚Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.‘ (Matthäus 25:40.)“ („A Provident Plan – A Precious Promise“, Ensign, Mai 1986, Seite 64f.)

Lehre und Bündnisse 48:4-6. Der Ort wird jetzt noch nicht offenbart

Der Herr drängt die Heiligen, Geld für die Zeit zurückzulegen, da sie Land erwerben müssen, um die Stadt Zion zu errichten. Zu diesem Zeitpunkt hat der Herr den Standort Zions noch nicht offenbart, sondern nur verkündet, dass er sich „an der Grenze bei den Lamaniten“ befinde (LuB 28:9). Einige Monate nach der in Lehre und Bündnisse 48 aufgezeichneten Offenbarung tut der Herr den Führern der Kirche kund, dass Zion in Independence errichtet werden soll (siehe LuB 52:2,3; 57:1-5).

Lehre und Bündnisse 49: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund

Ungefähr 24 Kilometer südwestlich von Kirtland gab es eine Glaubensgemeinschaft der United Society of Believers in Christ’s Second Coming (Vereinigte Gesellschaft derer, die an das Zweite Kommen Christi glauben). Wegen der Art und Weise ihrer Gottesverehrung (sie schüttelten sich, während sie zur Musik sangen, tanzten und in die Hände klatschten) wurden diese Menschen landläufig Shaker genannt. Die Shaker glaubten, dass Christus in Gestalt einer Frau, Ann Lee, zur Erde zurückgekehrt war. Sie war das Oberhaupt der Shaker-Bewegung. Eine Lehre der Shaker war die Ehelosigkeit, dass man sich also der Ehe und jeglicher sexueller Beziehung zur Gänze enthalten müsse. Sie betrachteten die Taufe als entbehrlich, und einige verboten den Fleischgenuss. Anfang 1831 bekehrte sich ein Mitglied der Shaker, Leman Copley, zur Kirche und hoffte, dass sich Älteste der Kirche aufmachen und unter seinen einstigen Glaubensgenossen das Evangelium verkünden würden. Er hielt allerdings, wie das vielleicht so mancher Neubekehrte tut, weiterhin an einigen früheren Irrlehren fest. Durch die in Lehre und Bündnisse 49 aufgezeichnete Offenbarung, die der Prophet Joseph Smith am 7. Mai 1831 empfing, wurden mehrere Glaubensansichten der Shaker widerlegt. Außerdem wurden Sidney Rigdon, Parley P. Pratt und Leman Copley dazu berufen, unter den Shakern zu predigen. Kurz nachdem die Offenbarung gegeben worden war, suchten diese drei Männer die Shaker auf. Es wurde ihnen gestattet, die Offenbarung in einer Versammlung vorzulesen, doch die Gruppe lehnte die Botschaft ab.

Leman Copley schloss nach den Grundsätzen der Weihung den Bund, vielen Heiligen aus New York zu gestatten, sich auf seiner Farm in Thompson in Ohio niederzulassen. Nach kurzer Zeit brach er jedoch diesen Bund und verlangte, dass die Mitglieder sein Grundstück verließen. Copleys Glaube an die Wiederherstellung wankte, und nach dieser Zeit pflegte er den Umgang mit den Heiligen nicht mehr in vollem Maße.

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historische Stätte eines Shaker-Dorfs in North Union in Ohio

Im März 1831 suchten Missionare der Kirche die Gemeinschaft der Shaker an diesem Ort in North Union (Shaker Heights) in Ohio auf (siehe LuB 49:1).

Lehre und Bündnisse 49

Der Herr beruft Sidney Rigdon, Parley P. Pratt und Leman Copley, im Norden von Ohio den Shakern zu predigen

Lehre und Bündnisse 49:1-4. Sie haben den Wunsch, teilweise die Wahrheit zu wissen, aber nicht gänzlich

Der Herr erklärt, dass die Shaker „den Wunsch [haben], teilweise die Wahrheit zu wissen, aber nicht gänzlich“ (LuB 49:2). Die Shaker waren bestrebt, Gott zu folgen. Trotzdem lehnten sie die Botschaft von der Wiederherstellung letztlich ab, die ihnen die Missionare im Auftrag des Herrn verkündeten. Es ist notwendig, dass Gottes Kinder alle Lehren annehmen, die Teil des immerwährenden Evangeliums sind. Elder Glenn L. Pace (1940–2017) von den Siebzigern hat beschrieben, inwiefern auch heute einige Mitglieder die Wahrheit nur teilweise wissen wollen:

„Manche Mitglieder sind, was ihren Gehorsam angeht, wählerisch. Ein Prophet bietet uns aber keine Speisekarte an, aus der wir die Wahrheit auswählen können, die uns gefällt. … Ein Prophet führt keine Meinungsumfragen durch, um festzustellen, was gerade die vorherrschende öffentliche Meinung ist, sondern er tut den Willen des Herrn kund. …

1831 gab es Bekehrte, die ein paar ihrer früheren Glaubensansichten mit in die Kirche bringen wollten. Heute haben wir das Problem, dass manche Mitglieder für gesellschaftliche Trends sehr anfällig sind (sowie für den auf sie gerichteten Zeigefinger) und wollen, dass die Kirche ihre Haltung ändere und sich anpasse. Das Gras auf der anderen Seite des Zauns der Lehre erscheint diesen Leuten viel grüner.

Der Ratschlag, den der Herr 1831 gegeben hat, gilt auch heute noch: ‚Siehe, ich sage euch: Sie haben den Wunsch, teilweise die Wahrheit zu wissen, aber nicht gänzlich, denn sie sind nicht recht vor mir und müssen notwendigerweise umkehren.‘ (LuB 49:2.)

Wir müssen die ganze Wahrheit annehmen, ja, gänzlich, und die ganze Waffenrüstung Gottes anlegen (siehe LuB 27:15; siehe auch Epheser 6:11) und uns daranmachen, das Reich aufzubauen.“ („Follow the Prophet“, Ensign, Mai 1989, Seite 26.)

Elder Dallin H. Oaks hat dargelegt, dass das Evangelium Jesu Christi die Anforderung mit sich bringt, dass wir, wenn wir uns der Kirche anschließen, Gewohnheiten entsagen müssen, die den Lehren des Evangeliums entgegenstehen:

„Damit es uns leichter fällt, Gottes Gebote zu halten, haben wir als Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage etwas, was wir die Kultur des Evangeliums nennen. Es ist eine besondere Lebensweise, eine Reihe von Werten, Erwartungen und Verhaltensweisen, die allen Mitgliedern gemein sind. Die Kultur des Evangeliums beruht auf dem Erlösungsplan, den Geboten Gottes und den Lehren der lebenden Propheten. Sie leitet uns dabei an, wie wir unser Familienleben gestalten und unser Leben führen. …

Im Interesse ihrer Mitglieder in aller Welt lehrt die Kirche, dass man eigene und familiäre Traditionen und Gewohnheiten, die den Lehren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und der Kultur des Evangeliums entgegenstehen, aufgeben soll.“ („Die Kultur des Evangeliums“, Liahona, März 2012, Seite 22.)

Lehre und Bündnisse 49:7. Niemand kennt die Stunde oder den Tag des Zweiten Kommens Jesu Christi

Die Shaker waren der Meinung, das Zweite Kommen Jesu Christi habe bereits stattgefunden und er sei in Gestalt einer Frau namens Ann Lee zurückgekehrt. Dieser Glaube ist ein Beispiel für die Irrlehren, die der Prophezeiung des Erretters zufolge in den Letzten Tagen verbreitet sein würden.

„Siehe, … wenn jemand … zu euch sagen wird: Siehe, hier ist Christus, oder da, so glaubt ihm nicht;

denn in jenen Tagen werden sich auch falsche Christusse und falsche Propheten erheben und werden große Zeichen und Wunder zeigen, damit sie, wenn möglich, sogar die Auserwählten täuschen, die die Auserwählten gemäß dem Bund sind. …

Darum, wenn sie zu euch sagen werden: Siehe, er ist in der Wüste, so geht nicht hin; Siehe, er ist in den geheimen Gemächern, so glaubt es nicht;

denn wie das Licht des Morgens aus dem Osten kommt und bis zum Westen leuchtet und die ganze Erde bedeckt, so wird es auch sein, wenn des Menschen Sohn kommt.“ (Joseph Smith – Matthäus 1:21,22,25,26.)

Der Prophet Joseph Smith (1805–1844) hat vor denen gewarnt, die behaupten, den Zeitpunkt des Zweiten Kommens des Erretters zu kennen: „Jesus Christus hat die genaue Zeit seines Kommens nie einem Menschen offenbart [siehe Matthäus 24:36; LuB 49:7]. Geht und lest die Schrift – ihr werdet nichts finden, was die genaue Stunde angibt, zu der er kommen wird; wenn jemand das sagt, so ist er ein Irrlehrer.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 280.)

Lehre und Bündnisse 49:15-17. Die Ehe ist von Gott verordnet

Die Shaker bauten eine Gemeinschaft auf, in der Mann und Frau jeweils für sich lebten und weder heirateten noch Kinder bekamen. Der Apostel Paulus nannte unter den Irrlehren, die in den Letzten Tagen zu einem Abfall vom Glauben führen sollten, auch die, dass die Ehe verboten sei (siehe 1 Timotheus 4:1,3).

In ihrer offiziellen Proklamation aus dem Jahr 1995 haben die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel erklärt, dass „die Ehe zwischen Mann und Frau von Gott verordnet ist und dass im Plan des Schöpfers für die ewige Bestimmung seiner Kinder die Familie im Mittelpunkt steht“ („Die Familie – eine Proklamation an die Welt“, Liahona, Mai 2017, Umschlaginnenseite hinten).

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Braut und Bräutigam vor dem Curitiba-Tempel in Brasilien

Der Herr hat offenbart, dass „die Ehe … dem Menschen von Gott verordnet“ ist (LuB 49:15).

Elder L. Tom Perry (1922–2015) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, warum Ehe und Familie so wichtig sind:

„Im Mittelpunkt der gesamten Lehre des wiederhergestellten Evangeliums stehen die Familie und der neue und immerwährende Bund der Ehe. …

Wir glauben, dass die Ehe und die Familienbande über das Grab hinaus Bestand haben können und dass eine Ehe, die im Tempel mit der richtigen Vollmacht geschlossen wird, auch in der künftigen Welt gültig ist. In unserer Trauungszeremonie kommen die Worte ‚bis dass der Tod euch scheidet‘ nicht vor. Stattdessen heißt es ‚für Zeit und alle Ewigkeit‘.

Wir glauben außerdem, dass starke, traditionelle Familien aus Vater, Mutter und Kindern nicht nur die Grundeinheit einer stabilen Gesellschaft, einer stabilen Wirtschaft und einer stabilen Wertekultur sind, sondern darüber hinaus ein Grundpfeiler der Ewigkeit innerhalb des Reiches und der Herrschaftsordnung Gottes. …

Wir glauben daran, dass Ehe und Familie ewig sind. Daher wollen wir als Kirche sowohl die Initiative ergreifen als uns auch an weltweiten Bestrebungen beteiligen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Ehe und Familie zu stärken.“ („Weshalb Ehe und Familie so wichtig sind – überall auf der Welt“, Liahona, Mai 2015, Seite 41.)