Generalkonferenz
Um Ihrer Nachkommen willen
Herbst-Generalkonferenz 2023


Um Ihrer Nachkommen willen

Seien Sie nicht das schwache Glied in dieser wunderbaren Kette des Glaubens, an deren Anfang Sie stehen oder die Sie als ein Vermächtnis erhalten haben. Seien Sie das starke Glied in der Kette.

Als ich vor einigen Jahren im Gebiet Südamerika Nordwest tätig war und in Peru lebte, erlebte ich etwas Wunderbares, wovon ich Ihnen gern erzählen möchte.

Es ereignete sich, als ich nach einem Wochenende voller Aufgaben auf dem Weg nach Hause war. Nachdem ich die Einreiseformalitäten am Flughafen endlich hinter mich gebracht hatte, wartete ein freundlicher Taxifahrer von unserem üblichen Taxidienst auf mich. Er geleitete mich zu seinem Auto, wo ich mich auf den Rücksitz setzte, bereit, mich zu entspannen und eine ruhige Heimfahrt zu genießen. Nachdem wir ein paar Straßen weit gefahren waren, erhielt der Fahrer einen Anruf von seinem Vorgesetzten, der ihm mitteilte, dass ich das falsche Taxi genommen hatte. Für mich war ein anderer Wagen reserviert, und der Vorgesetzte bat ihn, mich zum Flughafen zurückzubringen, falls ich den Wagen wechseln wolle. Ich sagte ihm, das sei nicht nötig, und wir könnten weiterfahren. Nach ein paar Minuten, in denen keiner etwas sagte, sah er mich durch den Rückspiegel an und fragte: „Sie sind Mormone, oder?“

Nun, nach dieser einladenden Frage wusste ich, dass es mit der Ruhe vorbei war. Ich konnte nicht widerstehen, herauszufinden, wohin uns seine Frage führen würde.

Ich erfuhr, dass er Omar hieß, seine Frau Maria Teresa und dass sie zwei Kinder hatten – Carolina und Rodrigo –, die 14 und 10 Jahre alt waren. Omar war schon seit seiner Kindheit Mitglied der Kirche. Seine Familie war in der Kirche aktiv gewesen, aber irgendwann waren seine Eltern nicht mehr zur Kirche gegangen. Mit 15 war Omar schließlich völlig inaktiv geworden. Zum Zeitpunkt unserer Begegnung war er 40 Jahre alt.

In diesem Moment wurde mir klar, dass ich nicht das falsche Taxi genommen hatte. Das war kein Zufall! Ich erklärte ihm, wer ich sei und dass ich in seinem Taxi saß, weil der Herr ihn zurück in seine Herde rief.

Wir sprachen dann über die Zeit, als er und seine Familie aktive Mitglieder der Kirche gewesen waren. Er hatte schöne Erinnerungen an harmonische Familienabende und an einige PV-Lieder. Dann sang er leise einige Worte des Liedes „Ich bin ein Kind von Gott“1.

Nachdem ich mir seine Adresse und Telefonnummer notiert und seine Erlaubnis eingeholt hatte, sie an seinen Bischof weiterzugeben, versicherte ich ihm, dass ich einen Weg finden würde, dabei zu sein, wenn er zum ersten Mal wieder zur Kirche ginge. Bald waren unsere Fahrt vom Flughafen zu mir nach Hause und unsere kleine Reise in seine Vergangenheit beendet, und unsere Wege trennten sich.

Einige Wochen später rief mich sein Bischof an und teilte mir mit, dass Omar an einem bestimmten Sonntag zur Kirche kommen wolle. Ich erwiderte, ich würde dort sein. Am besagten Sonntag kam Omar mit seinem Sohn zur Kirche. Seine Frau und seine Tochter hatten noch kein Interesse. Einige Monate später rief mich sein Bischof erneut an, diesmal um mir mitzuteilen, dass Omar seine Frau und seine beiden Kinder taufen werde, und er lud mich ein, dabei zu sein. Hier ist ein Bild von dem Sonntag, an dem sie als Mitglieder der Kirche bestätigt wurden.

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Elder Godoy mit Omars Familie am Sonntag ihrer Konfirmierung

Am selben Sonntag sagte ich Omar und seiner Familie, dass es mir eine Ehre wäre, in einem Jahr ihre Siegelung im Lima-Tempel in Peru vorzunehmen, wenn sie dann dafür bereit wären. Hier ist ein Foto von diesem für uns alle denkwürdigen Ereignis, das ein Jahr später gemacht wurde.

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Elder Godoy mit Omars Familie am Tempel

Warum erzähle ich Ihnen von diesem Erlebnis? Ich erzähle Ihnen davon aus zwei Gründen.

Erstens, um die guten Mitglieder anzusprechen, die aus irgendeinem Grund vom wiederhergestellten Evangelium Jesu Christi abgefallen sind. Zweitens, um heute auch jene Mitglieder unter den Zuhörern anzusprechen, die ihren Bündnissen vielleicht nicht so treu sind, wie sie es sein sollten. In beiden Fällen sind die Generationen nach ihnen betroffen, und Segnungen und Verheißungen, die ihren Nachkommen zukommen sollten, stehen auf dem Spiel.

Beginnen wir mit der ersten Gruppe: gute Mitglieder, die den Weg der Bündnisse verlassen haben, wie es bei meinem peruanischen Freund Omar der Fall war. Auf meine Frage, warum er sich zur Rückkehr entschlossen habe, antwortete er, dass er und seine Frau das Gefühl gehabt hätten, dass ihre Kinder mit dem Evangelium Jesu Christi glücklicher sein würden. Er war der Meinung, dass es um ihrer Kinder willen an der Zeit war, wieder zur Kirche zu gehen.

Es ist so traurig, wenn wir mit inaktiven Mitgliedern oder Nichtmitgliedern in Kontakt kommen, die einst das Evangelium in ihrer Familie hatten und es verloren haben, weil ihre Eltern oder Großeltern beschlossen hatten, eine Auszeit von der Kirche zu nehmen. Diese Entscheidung könnte sich für immer auf ihre Nachkommenschaft auswirken!

Ihre Kinder und Enkelkinder sind daran gehindert, den Schutz und Segen des Evangeliums Jesu Christi zu genießen. Was noch schmerzlicher ist: Ihre Kinder und Enkel haben die Verheißungen einer ewigen Familie verloren, die einmal Bestand hatten. Die Entscheidung eines Einzelnen wirkt sich auf eine ganze Kette von Nachkommen auf. Ein Vermächtnis des Glaubens wurde zerbrochen.

Doch wie wir wissen, kann alles, was zerbrochen ist, durch Jesus Christus repariert werden. Aus diesem Grund lege ich Ihnen ans Herz, über diese Bitte von Präsident Russell M. Nelson nachzudenken: „Falls Sie den Weg verlassen haben, möchte ich Sie mit aller Hoffnung, derer mein Herz fähig ist, bitten, zurückzukommen. Welche Sorgen oder Schwierigkeiten Sie auch haben, es gibt in dieser Kirche – der Kirche des Herrn – einen Platz für Sie. Sie und Generationen noch Ungeborener werden gesegnet, wenn Sie jetzt handeln und auf den durch Bündnisse vorgezeichneten Weg zurückkehren.2

Lassen Sie uns nun die zweite Gruppe betrachten: diejenigen Mitglieder unter den heutigen Zuhörern, die vielleicht nicht so treu sind, wie sie sein sollten. So wie sich die Entscheidungen von gestern auf die heutigen Gegebenheiten auswirken, werden sich die Entscheidungen von heute auf unsere Zukunft und die Zukunft unserer Familienmitglieder auswirken.

Präsident Dallin H. Oaks hat uns vor Augen geführt:

„Das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi bringt uns dazu, an die Zukunft zu denken. … Es vermittelt uns Großartiges über die Zukunft, wonach wir unser jetziges Handeln ausrichten.

Im Gegensatz dazu kennen wir alle jemanden, für den nur die Gegenwart zählt: heute kaufen, heute genießen und nicht an die Zukunft denken. …

Wenn wir heute Entscheidungen treffen, sollten wir uns immer fragen: ‚Wo führt das hin?‘“3 Führen uns unsere heutigen Entscheidungen zu Freude – jetzt und in der Ewigkeit – oder führen sie uns zu Kummer und Tränen?

Manche mögen denken: „Wir müssen nicht jeden Sonntag zur Kirche gehen“ oder „Wir werden den Zehnten zahlen, wenn es besser läuft“ oder „Ich werde die Führer der Kirche in dieser Sache nicht unterstützen“.

„Aber“, so sagen sie, „wir wissen, dass die Kirche wahr ist, und wir werden uns niemals vom Evangelium Jesu Christi abwenden.“

Denen, die so denken, ist nicht klar, welche negativen Auswirkungen diese „lauwarme“ Form der Mitgliedschaft auf ihr Leben und das Leben ihrer Nachkommen haben wird. Die Eltern mögen aktiv bleiben, aber das Risiko, dass sie ihre Kinder verlieren, ist hoch – in diesem Leben und in der Ewigkeit.

Über diejenigen, die nicht zusammen mit ihrer Familie die celestiale Herrlichkeit ererben werden, sagt der Herr: „Das sind diejenigen, die im Zeugnis von Jesus nicht tapfer sind; darum erlangen sie nicht die Krone über das Reich unseres Gottes.“4 Wünschen wir uns das für uns oder unsere Kinder? Sollten wir um unserer selbst und um unserer Nachkommen willen nicht vermehrt tapfer und weniger lauwarm sein?

Präsident M. Russell Ballard hat eine ähnliche Sorge angesprochen:

„Einige tun sich nach wie vor schwer damit, der Aufforderung Christi, zu glauben und bei ihm zu bleiben, nachzukommen. Einige Jünger haben Mühe, eine bestimmte Richtlinie oder Lehre der Kirche zu verstehen. Andere finden manche Aspekte unserer Geschichte sehr bedenklich oder die Unvollkommenheiten einiger Mitglieder und Führer, damals wie heute. …

Die Entscheidung, nicht mehr den gleichen Weg wie die Mitglieder der Kirche und die erwählten Führer des Herrn zu gehen, wirkt sich langfristig aus, was man nicht immer sofort zu erkennen vermag.“5

Was für ein trauriges Vermächtnis man so weitergibt – und warum? Was auch immer der Grund ist, er reicht nicht aus, um die negativen geistigen Auswirkungen auf die kommenden Generationen außer Acht zu lassen.

Meine lieben Brüder und Schwestern, wenn Sie sich in einer der beiden Situationen befinden, die ich in meiner Botschaft erwähnt habe, überdenken Sie bitte Ihr Verhalten. Sie wissen, dass es in diesem Leben einen Plan für uns gibt. Sie wissen, dass Familien ewig bestehen können. Warum sollten Sie die Ihre aufs Spiel setzen? Seien Sie nicht das schwache Glied in dieser wunderbaren Kette des Glaubens, an deren Anfang Sie stehen oder die Sie als ein Vermächtnis erhalten haben. Seien Sie das starke Glied in der Kette. Sie sind an der Reihe, und der Herr kann Ihnen helfen.

Aus tiefstem Herzen fordere ich Sie auf, darüber nachzudenken, vorausschauend abzuschätzen, wo Ihr Verhalten hinführt, und bei Bedarf tapfer genug zu sein, sich neu auszurichten – um Ihrer Nachkommen willen. Im Namen Jesu Christi. Amen.